Linux = OS für Freaks?
Natürlich. Linux ist für Freaks, und dafür ist es geil.
Ich habe Linux etliche Jahre benutzt. Dabei habe ich mich aktiv
damit auseinander gesetzt. Das heißt man muß viel nachlesen,
fortwährend lernen und immer wieder rumbasteln.
Für Endanwender ist das nichts, aber für Freaks schon recht cool.
Der Endanwender kann es vielleicht eine bestimmte Zeit nutzen,
solange es gut läuft. Vielleicht eMails schreiben, im Internet surfen
und mal einen Brief schreiben.
Sobald es aber mal Probleme gibt, ist es nichts mehr für diese Endnutzer.
Dann muß man an die Console. Einstellungsdateien und Skripte ändern,
Programme selbst kompilieren und dabei manchmal kleine Fehler im C oder C++
Source ausbessern, man muß zig Console-Tools für den richtigen Job kennen uvm.
Wenn einem das Spaß macht, man gern bastelt und sich selbständig in
neue Sachen einlesen kann (Bücher, Internet, ..) und ein generell gutes
Computer- und Softwareverständnis hat, dann kann das sehr schön sein.
Mir gefiel die Einfachheit von Slackware oder auch ein eigenes Linux von
Anfang an selbst aufzubauen, ohne fertige Distro. Für alles findet man
Anleitungen im Netz.
Der Gedanke der freien Software ist sehr gut. Freiheit pur.
Aber was mich auf Dauer am meisten störte:
Es gibt keine wirklich professionelle Software. Es gibt viele gute
Projekte, aber meistens kann man das nicht mit wirklich professioneller,
kommerzieller Software vergleichen.
Es gibt für jeden Bereich etwas. Für 2D/3D Grafik, zum Musik machen,
zum Programmieren. Und immer frei. Freiheit und kostenlos, wobei viele
nur das kostenlos an "free" interessiert.
Mir ist es aber egal ob eine Programmlizenz 200, 600 oder 1500 Euro
kostet, oder ob es kostenlos ist.
Wichtiger ist mir was ein Programm kann, wie es funktioniert, wie es mir hilft
ein Problem zu lösen oder etwas zu erschaffen.
Schaut man im 3D Bereich mal große kommerzielle Programme an:
3D Studio, Maya, Cinema4D, ZBrush, Mudbox, Vue, ...
Oder im Musikbereich:
Ableton Live, Reason, Native Instruments Produkte, tausende VSTs
und VSTis.
Wer bereit ist für die Arbeit anderer Entwickler etwas zu bezahlen,
also Programme zu lizensieren, der kann wirklich professionelle Software
haben und hat dabei eine große Auswahl. Und diese Software gibt es
fast immer für Windows und Mac.
Und dann schau mal bei Linux. Dort gibt es auch viel - aber mit diesen
professionellen kommerziellen Sachen kann von der Qualität her kaum
etwas annähernd mithalten.
Wenn ich ein paar hundert oder tausend Euro zahle, dann verlange ich
natürlich auch Spitzenqualität, besten Support usw.
Eine Firma mit einem solchen Produkt muß sich wirklich Mühe geben,
wenn sie Lizenzen verkaufen wollen.
Bei Linux kann man keine Ansprüche stellen. Ist halt da, so wie es ist.
Wenn es etwas nicht gibt oder die vorhandene Software nicht zufrieden stellt,
dann muß/soll man es halt gefälligst selbst schreiben. Ist halt frei, da kann
man keine Anforderungen haben.
Am Ende, nach ein paar Jahren mit Linux, war es mir zu viel Gefrickel.
Ich finde es für Freaks immernoch gut. Es macht Spaß, wenn man sich
damit beschäftigen und es aktiv lernen möchte.
Wer aber nicht dauernd rumfrickeln will, der nimmt besser ein anderes OS
und lizensiert sich ordentliche Software, mit der er dann einfach seine Ziele
oder Ideen umsetzen kann. Dann kann man sich auch auf die jeweilige Software
konzentrieren und muß sich nicht noch mit dem ganzen Systemzeug abgeben.
Ich persönlich habe momentan einfach kein Interesse mehr an rumfrickeln/basteln,
also konsequenterweise kein Linux mehr. Höchstens mal eine neue Distro in
VMware anschauen - zum Spaß.
EDIT:
Bei Linux ist es doch so wichtig das man Zugriff auf den Sourcecode
hat, das man die Freiheit hat diesen zu ändern, zu fixen, weiter zu entwickeln.
Das allein sagt doch schon viel über die Hauptbenutzergruppe aus.
Einen Musiker/DJ, einen Fotografen oder einen 3D-Grafiker interessieren
doch nicht C++ Codes oder Python Skripte und die damit verbundene Freiheit
für Programmierer. Die meisten Menschen werden sich nicht dafür interessieren,
weil die meisten Menschen nicht programmieren. Mit der Freiheit können diese
Menschen nichts anfangen, also interessieren sie sich dann höchstens dafür,
weil es kostenlos ist. Und dann kann man wiederum nichts fordern oder erwarten...