vonTurnundTaxis hat geschrieben:Kaeru hat geschrieben:Verfasst am: Heute um 23:46:54
Hu?
Heute war der Server kurz offline wegen Wartungsarbeiten, wahrscheinlich hats
da wieder die Serverzeit "verpfriemelt".
@topic
Wie fängt man einen Löwen in der Wüste?
Aus: H. Pétard: A Contribution to the Mathematical Theory
of big Bame Hunting. American Math. Monthly 45
Das Einfangen eines Löwen in der Wüste ist ein schönes Beispiel
anwendungsnaher Mathematik, in das sogar physikalische Aspekte
hineinspielen. Wir geben daher zum Nutzen der Leser eine
Zusammenstellung wieder, die ihm bei diesem, im täglichen Leben so
häufig auftretenden Problem, einige Leitlinien zur Lösungsfindung
vermitteln.
Mathematische Methoden
1. Die geometrische Methode.
Man stelle einen zylindrischen Käfig in die Wüste.
1. Fall: Der Löwe ist im Käfig. Dieser Fall ist trivial.
2. Fall: Der Löwe ist außerhalb des Käfigs.
Dann stelle man sich in den Käfig und mache eine Inversion an den
Käfigwänden. Auf diese Weise gelangt der Löwe in den Käfig und man
selbst nach draußen.
Achtung! Bei Anwendung dieser Methode ist dringend darauf zu achten,
dass man sich nicht auf den Mittelpunkt des Käfigbodens stellt, da man
sonst im Unendlichen verschwindet!
2. Die Projektionsmethode.
Ohne Beschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, dass die Wüste
eine Ebene ist. Wir projizieren sie auf eine Gerade durch den Käfig, und
die Gerade auf einen Punkt im Käfig. Damit gelangt der Löwe in den Käfig.
3. Die Bolzano-Weierstraß-Methode.
Wir halbieren die Wüste in Nord-Süd-Richtung durch einen Zaun.
Dann ist der Löwe entweder in der westlichen oder in der östlichen Hälfte.
Wir wollen annehmen, dass er in der westlichen Hälfte ist. Daraufhin
halbieren wir diesen westlichen Teil durch einen Zaun in
Ost-West-Richtung. Der Löwe ist entweder im nördlichen oder südlichen
Teil. Wir nehmen an, er sit im nördlichen. Auf diese Weise fahren wir fort.
Der Duchmesser der Teile, die bei dieser Halbiererei entstehen, strebt
gegen Null. Auf diese Weise wird der Löwe schließlich von einem Zaun
beliebig kleiner Länge eingegrenzt.
4. Die mengentheoretische Methode.
Man betrachte alle Teilmengen der Wüste, die den Löwen enthalten, und
bilde ihren Durchschnitt. Er enthält als einziges Element den Löwen. (Bei
dieser Durchschneiderei ist lediglich darauf zu achten, dass das schöne
Fell des Löwen nicht zerschnitten wird!)
5. Die funktionalanalytische Methode.
Die Wüste ist ein separabler Raum. Er enthält daher eine abzählbare
dichte Menge, aus der eine Folge ausgewählt werden kann, die gegen den
Löwen konvergiert. Mit einem Käfig auf dem Rücken springen wir von
Punkt zu Punkt dieser Folge und nähern uns so dem Löwen beliebig genau.
6. Die topologische Methode.
Der Löwe kann topologisch als Torus aufgefasst werden. Man transportiere
die Wüste in den vierdimensionalen Raum. Es ist nun möglich, die Wüste
so zu deformieren, dass beim Rücktransport in den dreidimensionalen
Raum der Löwe verknotet ist. Dann ist er hilflos.
7. Die Kompaktionsmethode.
Die Wüste wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit als kompakt
vorausgesetzt. Man überdecke sie mit einer Familie von Käfigen Ki. Dann
gibt es unter ihnen endlich viele Käfige Ki1,...,Kin, die bereits die ganze
Wüste überdecken. Die Durchmusterung dieser Käfige auf darin
befindliche Löwen wird als Diplomarbeit vergeben.
8. Die logische Methode des "Tertium non datur".
Man stelle einen offenen Käfig in die Wüste und lege ein Brett mit Leim
daneben. Beides biete man dem Löwen zum Betreten an. Der Löwe sagt
dann: "Nein, auf den Leim gehe ich Dir nicht!". Nach dem Tertium non
datur muss er in den Käfig gehen. Danach schlägt man die Tür zu.
9. Die stochastische Methode.
Man fährt mit dem Laplace-Rad in die Wüste und bewirft den Löwen mit
Würfeln. Kommt er dann wutschnaubend angerannt, so stülpt man eine
Gauss'sche Glocke über ihn. Unter ihr ist er mit der Wahrscheinlichkeit
eins gefangen.
Physikalische Methoden
1. Die Newton'sche Methode.
Käfig und Löwe ziehen sich durch die Gravitationskraft an. Wir
vernachlässigen die Reibung. Auf diese Weise muss der Löwe früher oder
später im Käfig landen.
2. Die Heisenberg-Methode.
Ort und Geschwindigkeit eines bewegten Löwen lassen sich nicht
gleichzeitig bestimmen. Da bewegte Löwen also keinen physikalisch
sinnvollen Ort einnehmen können, kommen sie für die Jagd auch nicht in
Frage. Die Löwenjagd kann sich daher nur auf ruhende Löwen
beschränken. Das Einfangen eines ruhenden, bewegungslosen Löwen wird
dem Leser als Übungsaufgabe überlassen.
3. Die Schrödinger-Methode.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich ein Löwe zu einem beliebigen
Zeitpunkt im Käfig befindet, ist größer als Null. Man setze sich vor den
Käfig und warte.
Bemerkung: Hierbei wird üblicherweise vorausgesetzt, dass der Käfig auch
offen ist und man ihn zuschlagen muss, wenn der Löwe drin ist. Wegen
des Tunneleffekts kann man ihn aber auch zulassen. Auf diese Weise kann
man bei der elenden Warterei auch mal weggehen und ein Bierchen
trinken. Aber nicht zu lange! Denn kluge Löwen, die den Tunneleffekt
begriffen haben, verschwinden auch wieder.
4. Die Einstein'sche oder relativistische Methode.
Man überfliege die Wüste nahezu mit Lichtgeschwindigkeit. Durch die
relativistische Längenkontraktion wird der Löwe flach wie Papier. Man
greife ihn, rolle ihn auf und mache ein Gummiband herum.
