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Re: Verwendung von PB mit KI - und Frage zu WindowEvent

Verfasst: 17.10.2025 22:17
von Kurzer
Hallo stab,

schöne Frage, die mich auch seit einigen Monaten beschäftigt. Und auch ich gehöre zum älteren Semester, auch wenn meine Hardware nicht so heftig nostalgisch ist wie deine. Programmierst du im Ernst auf und für einen 386er Computer mit Windows 3.1?

Jedenfalls kann ich zu dem Thema auch etwas beitragen. Ich bin kein KI-User der ersten Stunde, da musste erst der frühe ChatGPT-3.5-Hype in den Medien die Runde machen, bevor ich überhaupt etwas von dem Thema mitbekommen habe. Und aktiv damit beschäftigt habe ich mich auch erst recht spät. Ich denke, es war irgendwann im Jahr 2024.

Mittlerweile experimentiere ich aber schon sehr oft mit ChatGPT und der Programmierung in PureBasic. Allerdings nicht nur, denn da diese Technologie und die daraus erwachsenen Möglichkeiten (für mich) noch so extrem neu sind, muss ich selbst erstmal lernen, wofür man dieses Werkzeug sinnvoll einsetzen kann und wie man es am besten anstellt, um es effektiv zu nutzen. Später mehr dazu, du hattest ja primär nach der KI-gestützten Programmierung in PureBasic gefragt.

Inzwischen habe ich mit verschiedenen PB-Projekten und ChatGPT experimentiert, und ich bin mir noch immer nicht ganz sicher, ob man speziell im Fall von PureBasic mit einer KI so gut beraten ist. Naja, zumindest teilweise, später mehr dazu. Im Übrigen kann ich nur über meine Erfahrungen mit ChatGPT sprechen, da ich mittlerweile bei OpenAI ein zahlender "Plus-Abo"-Kunde bin. Andere KIs habe ich lediglich in der Free-Version getestet und bin damit nicht warm geworden.

Ich bin damals bei ChatGPT hängengeblieben, weil ich mich sehr an den Sprachmodus gewöhnt hatte (nicht an den später eingeführten fortgeschrittenen Sprachmodus, der eine Katastrophe ist!). Da habe ich noch gar nicht an Programmierung mit der KI gedacht, und seinerzeit war ich auch nicht sehr aktiv beim Programmieren. Ich hatte eine längere PureBasic-Pause eingelegt. Aber dafür war ich im für mich völlig faszinierten "Erkundungs- und Ausprobiermodus".

Man konnte z. B. sein Smartphone mit ins Warenlager nehmen und (nach vorheriger Instruktion der KI) bei einer Inventur alle Artikel und Mengen der KI ansagen und sich später eine Excel-Liste davon ausgeben lassen. Was für eine krasse Scheisse ist das denn?! Also ja, ich war zu der Zeit mega geflasht von dieser Technologie. :-D

Nun aber zum Thema PureBasic und KI:
Ich bekomme die genauen Zeitpunkte nicht mehr rekapituliert, aber ich erzähle es chronologisch.

Angefangen hat alles mit der kostenlosen Version von ChatGPT. Ich war anfangs kein zahlender Plus-Kunde bei OpenAI, sondern habe nur die Free-Version genutzt. Das war in mehrfacher Hinsicht limitiert. Die Antworten kamen deutlich langsamer, und man konnte auch nicht auf die leistungsstärkeren Modelle zugreifen. Trotzdem war es faszinierend, dass man einer Maschine einfache Beschreibungen geben und dafür in Sekunden (mehr oder weniger) funktionierenden Code erhalten konnte. Das war so ein Quantensprung, dass ich da echt gehypt war. :-D

Damals lief alles noch auf meinem alten Windows-7-Rechner. Und aus diesem Grund lief dort auch nur ein alter Browser, da die neuesten Builds nicht mehr für Windows 7 gebaut wurden. Leider funktionierten in dem Browser einige Features nicht, wie z. B. die Möglichkeit, Dateien in ein ChatGPT-Projekt hochzuladen.

Ich musste alles manuell per Copy-Paste zwischen Chatfenster und PureBasic-IDE hin- und herschieben, also recht umständlich. Die Codequalität war am Anfang ehrlich gesagt auch eher durchwachsen: Die KI hat z. B. neue PureBasic-Befehle erfunden, Pointer falsch behandelt, Parameter vertauscht und auf jeden Fall immer viel zu komplizierte Lösungen produziert und meistens war der Code nicht kompilierbar.

PureBasic-Code aus der KI ist meiner Erfahrung nach fast immer aufgebläht und mindestens doppelt so groß, wie er sein müsste (zumindest, wenn die KI meine „Programmierinstruktionen“ beachten soll). Trotzdem war das spannend, weil die Maschine wenigstens irgendetwas verstand, und es war faszinierend, dass man Anforderungen und Funktionalitäten mit Worten beschreiben konnte und in Sekunden einen Vorschlag bekam. Später habe ich mit der KI dann Workflows entwickelt, die die Codequalität und den Fortschritt verbessern sollten. Wir haben Projektdokumentationen erstellt, in denen die Anforderungen beschrieben wurden, Mockups von Oberflächen erstellt, Datenmodelle kreiert usw. also alles, was der KI bei der Umsetzung klare Richtlinien vorgibt. Aber auch da muss man den richtigen "Sweet Point" finden, damit sie sich nicht in Details verrennt oder übers Ziel hinausschießt. Man steckt also in jedem Fall eine Menge Zeit rein, um etwas brauchbares zu bekommen.

Dann kam meine "AGENTS.md"-Datei.
Ich habe irgendwann angefangen, eine technische Anweisungsdatei zu schreiben, die genau festlegt, wie Code bei mir auszusehen hat, wie Variablen benannt werden, wie Prozeduren aufgebaut sind, wie Kommentare und Dateinamen aussehen sollen usw. – also mein Programmierstil in Regeln gegossen. Diese Datei hat sich mit der Zeit immer weiterentwickelt und ist mittlerweile über 40 KB groß (Spoiler: was definitiv viel zu groß ist).

Die Idee war, dass die KI anhand dieser Datei lernt, Code in meinem Stil zu schreiben. Das hat teilweise funktioniert, aber man darf nicht erwarten, dass das Modell alle Anweisungen gleichzeitig beachtet. Selbst GPT-5 ist damit überfordert. Ich bin inzwischen dazu übergegangen, schrittweise zu arbeiten. Also erst eine Art "freestyle-Grundgerüst" erstellen zu lassen und dann gezielt einzelne Aspekte überarbeiten lassen (z. B. Variablennamen anpassen, Kommentare ergänzen oder eine bestimmte Prozedur optimieren).

Für die Interaktion mit der KI habe ich anfangs ein kleines Tool entwickelt, das den ständigen Copy-Paste-Prozess zwischen ChatGPT und IDE erleichtern sollte. Es konnte Sicherheitskopien anlegen und Quellcodedateien automatisch austauschen, sodass die PureBasic-IDE sie sofort neu einliest sowie Projektdateien in die Zwischenablage kopieren. Fertig geworden ist das Programm nie, weil ich dann auf Windows 11 umgestiegen bin und endlich einen aktuellen Browser zur Verfügung hatte, mit dem ich Projektdateien einbinden konnte, aber die Idee mit dem eigenen Tool war ein netter Zwischenschritt.

Das Programmieren in PureBasic war aber immer auf die eine oder andere Weise nervig. Die KI war dann doch weit entfernt von den angeblich tollen Codingskills, die ihr in diversen KI-News-Kanälen auf YouTube attestiert wurden. Das Coden dauerte immer länger als sonst, wenn man die KI eingebunden hat. Insofern kann ich das, was Stargate oben schreibt, bestätigen.

Ein großer Motivationsschub kam für mich mit der nutzung von WinAPI in den Programmen.
In diesem Bereich kennt sich die KI definitiv besser aus als in der PureBasic-Programmierung. Funktionen der Windows-API sind hervorragend dokumentiert und im Trainingsmaterial der KI vermutlich haufenweise vertreten. Damit kann man plötzlich Dinge umsetzen, von denen man eigentlich keine Ahnung oder keine Erfahrung hat.

Früher habe ich solche Sachen meist aus Forum-Beispielen übernommen. Heute lasse ich mir direkt erklären, ob und welche API-Funktionen für ein bestimmtes Vorhaben nötig oder verfügbar sind und wie der Code in PureBasic aussehen muss. Das spart enorm viel Zeit (im Vergleich dazu, wenn man sich diese Infos alle selbst besorgen und die Zusammenhänge lernen müsste) und macht die Programmierung wieder spannend, weil man sich in Bereiche vorwagen kann, die man vorher kaum angerührt hätte.

Seit der Ankündigung der OpenAI-Codex-Erweiterung für Visual Studio Code (bzw. VSCodium, einem Code-Editor) hat sich mein Workflow nochmal stark verändert. Da ich ja mittlerweile zahlender OpenAI-Kunde war, konnte ich die Codex-Erweiterung nutzen.

Ich nutze die portable Version VSCodium (ein Fork von Visual Studio Code, komplett ohne Microsoft-Telemetrie) und habe dort die experimentelle Codex-Erweiterung eingebunden. Damit arbeitet man wesentlich angenehmer: kein Hin- und Herkopieren, kein Hochladen bestimmter Projektdateien, sondern Codex hat direkten Zugriff auf alle Projektdateien und kann diese eigenständig lesen und editieren, direkt im Editor. Selbst wenn ein Projekt aus mehreren Dateien besteht, kommt Codex damit klar (unter Windows noch mit ein paar Einschränkungen und Fehlern, weil das Plugin wohl ursprünglich für Linux entwickelt wurde).

Im Gegensatz zu früher ist der Code, den Codex produziert, meist etwas sauberer und lauffähiger. Man merkt, dass die KI hier intensiver denkt und auf Coding ausgelegt ist. ChatGPT habe ich dabei parallel im Browser für den gesamten Setup- und Erklärungsprozess von VSCodium genutzt. Also von der Plugin-Installation bis zu den kleinen Details im Editor-Verhalten. In dem Bereich liefert ChatGPT definitiv 100 % bessere Ergebnisse. Es fühlt sich wirklich an, als würde man mit einem erfahrenen Kollegen sprechen, der schon jahrelang mit diesem Editor gearbeitet hat.

Neben der eigentlichen Programmierung setze ich KI inzwischen aber auch ganz anders ein.
Zum Beispiel für Dokumentation: Ich kann einfach per Spracheingabe meine Gedanken oder Abläufe erklären, und die KI macht daraus einen sauberen Textentwurf. Das funktioniert hervorragend, gerade wenn man kein Zehnfingerschreiber ist.
Ich lasse mir auch fremden PureBasic-Code analysieren. Einfach reinkopieren, und in Sekunden bekomme ich eine Zusammenfassung, was das Programm macht und wie es funktioniert.
Oder wie jetzt gerade: Ich spreche diesen Text während eines Spaziergangs ins Smartphone, diskutiere mit der KI über die Struktur und fasse meine Ideen stichpunktartig zusammen. Später am Rechner kann ich daraus ganz entspannt einen fertigen Foren-Post generieren lassen.

Und ja, es gibt Kritiker, die auch das schon als "KI-Content" verteufeln würden, aber ein so generierter Text ist für mich kein "KI-Content", sondern noch immer mein eigener Output, der mit dem Werkzeug KI aufgenommen, strukturiert und fehlerkorrigiert wurde. Die Gedanken, Ideen und Erfahrungen stammen noch immer alle von mir. Ich finde das extrem spannend und vor allem hilfreich, wenn man dadurch seine Zeit viel efffizienter nutzen kann.

Fazit:
Bzgl. PureBasic + KI bin ich immer noch am Experimentieren und Optimieren. PureBasic ist für die KI eine Nischensprache, und das wird sich so schnell nicht ändern. In Kombination mit WinAPI-Programmierung, als Dokumentationshilfe und durch die Codex-Integration macht das Ganze aber wieder richtig Spaß.

Bei PureBasic + KI muss man Geduld mitbringen, viel ausprobieren und darf keine Perfektion erwarten. Aber wer bereit ist, sich in den KI-generierten Code reinzuarbeiten, ihn zu überarbeiten und die Denkweise der KI zu verstehen, wird mit völlig neuen Möglichkeiten belohnt. Für mich ist es das wert, jetzt Systemfunktionen nutzen zu können, die man früher aus Unwissenheit nicht angefasst hätte.

Ich bleibe jedenfalls am Ball und versuche weiter, den Workflow zu optimieren (auch wenn ich manchmal dran verzweifle). Aber auf der anderen Seite werden die KI-Modelle ja auch immer besser.